Mittwoch, 24. Oktober 2007

Der Gang ins Ungewisse

B"H

Es ist nichts Neues, daß Nichtisraelis vor dem Gang zum Innenministerium (Misrad HaPnim) ins Schwitzen kommen. Zu meiner Touristenzeit saß ich oft meine paar Stunden Wartezeit dort ab und bekam die gewünschte Visaverlängerung. Manchmal hatte ich keine Lust mich aufzuraffen und überzog einige Male mein Visum, was mir jedoch nie ernsthafte Komplikationen einbrachte. Das alles ist fast zehn Jahre her und heutzutage sind die Bestimmungen um ein Vielfaches härter geworden. Nichts mehr mit den Nachlässigkeiten. Wer nicht pünktlich aufs Ministerium kommt, fliegt raus.

Und nicht nur das. Selbst wer pünktlich ansteht, kann genauso rausfliegen und die besten Ausreden helfen nichts mehr. Wer sich eine bestimmte Anzahl an Monate oder Jahren als nichtjüdischer Tourist in Israel aufhält, muß jedesmal erneut beim Gang aufs Ministerium um seinen Aufenthalt zittern.

Aus verschiedenen Quellen ist mir zu Ohren gekommen, daß derzeit vielen nichtjüdischen Touristen noch nicht einmal ein zweites Dreimonats - Visum ausgestellt wird.

Die Einreiseregeln dürften bekannt sein:

Bei der Einreise nach Israel gibt es am Flughafen für Touristen das bekannte Dreimonats - Visum. Wer eine Verlängerung nach Ablauf der Zeit benötigt, der wende sich an sein lokales Innenministerium. Wer in Ramat Gan wohnt, muß dies dort tun, wer in Jerusalem wohnt, wendet sich ans hiesige Misrad HaPnim usw. Wobei Tel Aviv und Jerusalem den schlimmsten Abschieberuf innehaben sollen.

Zu meiner Touristenzeit ging man morgens früh um 7.30 Uhr aufs Amt in der Shlomzion HaMalka Street (neben der Jaffo), stürmte mit etwa Einhundert anderen die Treppe hinauf, nur um sich wieder am nächsten Schalter anzustellen. Jetzt galt es ein Formular zu erhalten und auszufüllen. Außerdem gab es einen Zettel mit einer Nummer.

Weiter in den anonymen Wartesaal. Dort saß man seine Zeit ab, bis die Nummer aufgerufen wurde. Wer nicht aufpaßte, bekam Probleme, denn der Platz war weg.

Weitere Station war ein kleines Büro, in dem man sein Formular, den Paß samt Paßphotos abgab. Und genau in diesem Büro kam es schon zu den ersten Kleinkriegen mit den Angestellten. Wehe dem, der nicht alles dabei hatte und spurte.

Bei der Abgabe gab es auch schon die nächste Nummer und man begab sich zurück in den Wartesaal. Unterdessen reichten die Angestellten die Papiere individuell an ihre Kollegen an den Schaltern weiter. Und wer endlich aufgerufen wurde, für den ging es manchmal ums Ganze.

Warum man ein neues Visum brauche und was man überhaupt im Land treibe ? Deutsche sind schon lange als Palästinenserfreundlich bekannt, was zu ernsthaften Probleme führen kann. Die Probleme machen sich so bemerkbar, daß einige Deutsche entweder nur ein Einmonats - Visum oder gar keines mehr ausgestellt bekommen.

Bis heute ist es üblich, daß Tränen fließen oder die Angestellten wahllos herumschreien. Kann sein, daß sie in ihrem Job so ziemlich frustriert sind oder daß sie unter Streß stehen. Wer will sich auch schon den ganzen Tag immer wieder die gleichen Ausreden für eine Visaverlängerung anhören ?

Seit einigen Jahren hat sich auf dem Jerusalemer Innenministerium alles verändert. Nun nicht alles, denn Schreiereien gibt es immer noch. Allerdings muß jeder Tourist vorher einen festen Termin ausmachen und kann nicht mehr einfach so erscheinen.

Nichtjüdische Touristen zitterten am meisten, wenn die sephardisch - haredische SHASS - Partei das Innenministerium innehielt. Alle dachten, daß ohne SHASS alles viel liberaler sei. Nichts da. Momentan soll es schlimmer zugehen als je zuvor. Kirchenangestellte, normale Touristen, etc., alle werden gnadenlos abgeschoben. Israel sieht keine Grund für einen längeren Aufenthalt solcher Leute. Und wer bei seinem Aufenthalt in die Autonomiegebiete (Ramallah, Jericho oder Bethlehem) reiste, braucht erst gar nicht viel anfragen.

Die Gesetzesverschärfungen sind verständlich. Noch vor Jahren gab es unzählige Touristen aus westlichen Ländern, die viele Monate oder Jahre sich illegal in Israel aufhielten und jobbten. Probleme gab es kaum, denn im Nachhinein flogen alle eh wieder nach Hause.

Als sich jedoch immer mehr Illegale aus den Ostblock - u. Dritte Weltländer einschleusen liessen, ging das Chaos erst richtig los. Russen, Tschechen, Polen, Rumänen, Philippinos, Chinesen, Thailänder. Billige Arbeitskräfte kamen tonnenweise ins Land und die Israelis fühlten sich überrannt. Auch die Regierung und die Polizei sahen das so und griffen durch. Razzien und Abschiebungen waren die Folge. Und wer sieht heute noch einen Rumänen oder Chinesen ? Und wenn, dann hält sogleich eine Polizeistreife neben ihm und fragt ihn nach seinen Papieren.

Ein weiterer Grund für das Durchgreifen gegenüber vielen Christen sind die massiven Beschwerden der Bevölkerung und der Anti - Missionsorganisation Yad Le' Achim über christliche Missionare. Die Israelis fühlen sich von den penetranten Missionaren belästigt und Yad Le' Achim hat genug damit zu tun, dem Innenministerium die Namen der Betreffenden mitzuteilen.

Eines ist sicher: Egal, ob links oder rechts regiert, daß Innenministerium bleibt bei der Visavergabe auch weiterhin gnadenlos.


Weitere Details hier:

http://www.goisrael.com/Tourism_Eng/Tourist+Information/Planning+your+trip/Visa.htm

http://www.rosok-law.com/memo5.htm

4 Kommentare:

  1. Ich bin gerade haeufiger im Misrad Hapnim in einer kleinen chaotischen Stadt im Norden um Citizenship zu beantragen. Frag nicht. Es ist ebenfalls eine Katastrophe dort. Wenn mal keine Shivta ist, gibt es Renegade Strikes oder einfach nur Sankziot aus schlechter Laune. Das fuehrt dann dazu, dass die Unterlagen (notariell beglaubigte Originale in Ivrit, Englisch, Deutsch, die von Amt zu Amt uber zwei Kontinente gingen, von einem Tel Aviver Star-Anwalt auch noch authorisiert) seit August unberuhert in einer Ecke liegen und man schon gar keine Termine mehr bekommt. Da helfen auch die besten Papiere nichts mehr. Dabei kann ich mich noch gluecklisch schaetzen, denn ein unbegrenztes Dauervisum hatte ich schon vor dem grossen Streik bekommen. Zu den ganzen Schwierigkeiten kommt noch, dass sich im genannten Misrad Hapnim im Moment gerade mal zwei Damen um hunderte Antraege kuemmern. Was soll ich sagen? Wahrscheinlich machen sie den Umstaenden entsprechend ihren Job auch ganz gut?!

    Aber im Moment kommt man dort nur mit Protekzia weiter, was mich total nervt, weil sowas einfach sehr unfair ist. Ich habe es jetzt nicht mehr ausgehalten und habe einen Freund gefragt, ob er nicht seinen Freund fragen koennte, ob man meine Papiere nicht gleich bearbeiten koennte anstatt die momentan ueblichen 5 Monate zu warten. Fuenf Monate, das ist gerade die normale Wartezeit, sagte man mir.

    Fuer Dauer-Touris, die nicht Aliyah machen koennen oder wollen und keine Familie in Israel haben seh ich da zur Zeit uerberhaupt keine Chance. Ich wuenschte es ware anders. Spendabler, grosszuegig. Frueher dachte ich immer Israel ist ein bissel so, wie wenn man Brooklyn etwas groesser macht und in den Orient verlagert und Arabische Viertel und Russische Compounds hinzufügt, sowie Raketenangriffe aus New Jersey.
    Andererseits ist es natuerlich auch positiv, wenn die Immigration Laws irgendwann auch mal ernst genommen werden. Wie dem auch sei, ich hoffe, die Warterei hat bald ein Ende und mache nochmal eine Dose Geduld auf.

    AntwortenLöschen
  2. B"H

    So, wie Du das beschreibst, hoerte ich es von vielen Touristen auch.

    Ich denke, dass man einfach die Nase voll hat von den Dauer - Touris. Mittlerweile sind es eh zuviele geworden und das ist wohl der Grund fuer die Ablehnungen.

    AntwortenLöschen
  3. Um die Touris gehts im grunde gar nicht. Ich hab seit Monaten keinen dieser Dauertouris getroffen, aber wahrscheinlich sind bei euch in Yerushalim einfach immer welche. Aber ich kenne hier persoenlich auch einen Fall, bei dem die JAFI beim Misrad Hapnim mit fast 100 legitimen Visa-Antraegen fuer Studenten abblitze.
    Es handelt sich also um eine breite strukturelle Krise. Denn warum sollten die Antrage der JAFI nicht bearbeitet werden?

    Der offizielle Ratschlag an die Betroffenen lautet uebigens so: Einfach ueberziehen, interessiert eh keinen, wenn man aus einem westlichen Land kommt.

    AntwortenLöschen
  4. B"H

    Vom einfach "Ueberziehen" taete ich gruendlichst abraten, denn wer geschnappt wird, endet in der Abschiebung und darf danach fuenf Jahre nicht mehr nach Israel einreisen.

    Jerusalem ist tatsaechlich voll Dauer - Touris.:-)
    Und ich hoerte nur, dass es immer schaerfere Regeln geben soll.

    AntwortenLöschen