Montag, 7. April 2008

Der Straßenstrich

B"H

Bevor ich heute früh wieder einmal von Tel Aviv nach Jerusalem reiste, hatte ich einige Begegnungen, die man sicher in keinem Reiseführer zu lesen bekommt. Derzeit bewegt sich mein Leben mehr oder weniger zwischen Tel Aviv und Jerusalem und ich habe großes Glück, in beiden Städten eine Unterkunft zu haben.

Ein Faktor, der mir bei der Fahrerei besonders zu schaffen macht, ist das Wetter. Tel Aviv, am Mittelmeer gelegen, hat ein warmes feuchtes Klima. Selbst im Winter kann es noch angenehm sein. Jerusalem in den Bergen Judäas hingegen, ist derzeit kühl und trocken. Mittlerweile habe ich mir sogar angewöhnt, zwei Jacken dabei zu haben. Eine Sommer - u. eine Winterjacke.

Heute früh also in Tel Aviv kam ich auf den "genialen" Einfall, vom Zentralen Busbahnhof aus nach Jerusalem zu fahren. Normalerweise nehme ich immer die Buslinie 480 vom Arlozorov - Terminal (an der Stadtgrenze nach Ramat Gan gelegen) nach Jerusalem und meide den Busbahnhof. Der Tel Aviver Zentrale Busbahnhof ist so ziemlich das Widerwärtigste, was einem passieren kann. Gar nicht erst zu reden vom umliegenden Stadtteil. Tel Aviv - Süd steht für Drogen, Prostitution und Gewalt an sich.

Arlozorov - Interchange



Route aus dem Zentralen Tel Aviver Busbahnhof - La Guardia Interchange



Da ich den falschen Bus nahm und dieser nicht direkt zum Busbahnhof fuhr, war ich gezwungen, noch durch einige Nebenstraßen zu laufen. Morgens um 6.45 Uhr war das Chaotenviertel noch relativ ruhig. Eine ältere Russin saß mit ihrer Plastiktüte, in der sie ihre Klamotten verstaut hatte, auf dem Gehsteig. Als sie mich sah, stand sie auf und rannte mit der Plastiktüte auf mich zu. Ob man es glaubt oder nicht, sie wollte mich damit verprügeln. Ich wich ihr aus und sie schrie etwas Russisches hinter mir her. Anscheinend Flüche.

In Rußland muß man heilfroh sein, die Alkoholiker und geistig Gestörten losgeworden zu sein. Wieviele von denen haben sich nach Israel abgesetzt ? Jude oder nicht, zu Beginn der großen Aliyah - Welle aus den GUS - Staaten lies die Jewish Agency alles rein und das Resultat sehen wir heute. Im Jerusalemer Stadtteil Nachlaot hat man nun sogar Metallabtrennungen auf die Parkbänke geschraubt, damit die alkoholisierten Russen dort nicht mehr ihren Wodkarausch ausschlafen.

Die Russin setzte sich wieder auf den Gehsteig und auch ich zog weiter zum Busbahnhof. Zuerst wollte ich eine Abkürzung nehmen, was aber ebenso mißlang. Heute früh war halt nicht ganz mein Tag.
Nach wenigen Minuten befand ich mich im Rotlichtviertel, aber die Damen (bis auf eine) und Freier schliefen noch.

Schnell abgebogen und schon sah ich von weitem den Busbahnhof:



Kurz bevor ich den kleinen Lewinsky - Park vor dem Busbahnhof durchquerte, sah ich sie dann alle: die Illegalen aus Eritrea und dem Sudan. Diese hatten die Gelegenheit genutzt, die offene Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen schwarz zu überqueren, um so nach Israel zu kommen, wo sie sich ein besseres Leben erhoffen. Die israel. Behörden wissen nichts mit ihnen anzufangen und sammeln sie gelegentlich zwecks Abschiebung ein. Letzte Woche wurde der gesamte Lewinsky - Park von der Polizei geräumt; die Illegalen wurden verhaftet und die Matratzen aus der Parkanlage entfernt.

Vor dem Park befanden sich jedoch all jene, die sich einer Verhaftung entzogen hatten. Viele Afrikaner standen am Straßenrand und warteten auf Jobs. Manchmal fuhr ein Auto vorbei und der Fahrer konnte die Wartenden als Tagelöhner zum Hungerlohn anheuern. Zwei ebenso anwesende Thailänder hatten offenbar Glück und bekamen einen kurzfristigen Job. Auch im Lewinsky - Park befinden sich wieder Afrikaner und jeder von ihnen scheint auf der Suche nach einem besseren Leben zu sein. Wie lange braucht es wohl, damit sie erkennen, dass sie diesbezüglich in Israel falsch sind, denn es gibt genügend frustrierte Israelis, die den gleichen Traum träumen.

Buslinie 405 verlies den Busbahnhof und wir bogen auf den Ayalon - Highway ab. Ausnahmsweise einmal kein Stau. Der kam dann später kurz vor Jerusalem an der Mozza - Abbiegung. In Jerusalem angekommen, griff ich sofort wieder nach meiner Winterjacke.
Vorbei an unserem neuen hässlichen Wahrzeichen, der Brücke, welche im Mai eingeweiht werden soll, fuhr Linie 405 in den Jerusalemer Busbahnhof ein.

Dieses neue Brückenmonstrum soll zukünftig den Strassenbahnverkehr von der Jaffa Road in die Sderot Herzl leiten.

1 Kommentar:

  1. hi miriam,

    da gebe ich dir rechtg. der tel aviver zentrale busbahnhof ist wirklich scheusslich. ich habe es mir zur angewohnheit gemacht in alozoroff auszusteigen, da bin ich auch naeher am tel aviver zentrum und die gegend ist ganz nett.

    viele gruesse,
    der grenzgaenger

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