Sonntag, 6. Juli 2008

Bnei Brak und die Vorurteile


Bnei Brak im Vordergrund mit Blick auf die Bürotürme in Ramat Gan



B"H

Nein, es wagen sich nicht viele Touristen in die Stadt Bnei Brak bei Tel Aviv. Und falls ja, dann handelt es sich vorwiegend um jüd. - relig. Touristen. Verirrt sich tatsächlich ein nichtjüd. Tourist in die Stadt, so geht er bestenfalls die Haupt - und Einkaufsstraße Rabbi Akiva einmal auf und ab und meint, das wars.

Genau das war es eben nicht, denn er wirklich an Bnei Brak und seinen haredischen Bewohnern interessiert ist, der kann und darf sich nicht mit der Rabbi Akiva oder der Jabotinsky (nach Petach Tikwah führend) zufrieden geben.

Wer in Tel Aviv oder Umgebung erzählt, er fahre nach Bnei Brak, der bekommt oft sarkastische Kommentare zu hören. Bnei Brak, was sei denn da außer Haredim (Ultra - Orthod.) ?

Das Vorurteil ist nicht ganz unwahr, doch kann ich dem mit Sicherheit hinzufügen, dass es dort extrem nette hilfsbereite Leute gibt. Außer der riesigen Coca Cola Fabrik Israels. Bnei Brak ist statistisch betrachtet die ärmste Stadt Israels; der Sarkasmus läßt da vielleicht verlauten, dass die hohe Bevölkerungszahl der Haredim meist nicht arbeitet und die Männer auf Yeshivot oder im Kollel (Yeshiva für verheiratete Männer) lernen. Das stimmt, doch gibt es andererseits viele Haredim, die durchaus arbeiten. Aber Bnei Brak wäre nicht Bnei Brak, wenn es trotzdem nicht überleben täte. Und außerdem leben in der Stadt einige ganz wenige Säkulere sowie Nationalreligiöse auch.

Mit den Buslinien 51 oder 54 (relig.) kommt man bequem von Tel Aviv nach Bnei Brak. Beide Linien halten in der ewig langen Jabotinsky Street, die sich von Ramat Gan nach Petach Tikwah schlängelt. Tel Aviv, Ramat Gan, Bnei Brak, Petach Tikwah, das ist die Route. Kurz nach der Einfahrt in Bnei Brak befindet sich rechts die Rabbi Akivah Street. Die Rabbi Akivah ist die Hauptstraße der Stadt und dort bummeln die Haredim. Restaurants, relig. Shops, relig. bzw. anständige Kleidung, dies alles ist dort zu finden. Nichtjüdischen Touristen möchte ich anraten, nur in anständiger Kleidung, Männer mit Kopfbedeckung und Frauen in langem Rock, durch die Straßen zu laufen. In Bnei Brak ist man keine Touristen gewöhnt. Überhaupt reagieren die Bewohner zuerst skeptisch Fremden gegenüber; redet man jedoch ersteinmal mit ihnen, entwickeln sich tolle Gespräche. Mit Englisch aber ist absolut kein Weiterkommen. Hebräisch ist ein Muß oder bestenfalls ein gutes Jiddisch.

Am letzten Freitag, etwas mehr als eine Stunde vor Schabbatbeginn, stand ich in der Rabbi Akivah und wußte nicht unbedingt weiter. Chassidische Synagogen bzw. Tische der jeweiligen Rebben wollte ich besuchen. Nur wo beginnen, wenn man sich nicht auskennt ? Mit einiger Nachfragehilfe fand ich dann schnell das Gebiet, in denen alle in Bnei Brak ansäßigen chassidischen Gruppen versammelt sind und dann brauchte ich nur noch aus dem Vollen zu schöpfen. Alles war da und wenn ich Leute befragte, so gaben die sich hilfsbereit. So zum Beispiel eine Frau der chassidischen Gruppe Vischnitz, die mir ausführlich die Umgebung zum Vischnitzer Stadtteil "Kiryat Vischnitz" erklärte.

Es war positiv, dass sich die Chassidim so dermaßen in nur einem bestimmten Gebiet ansiedelten, denn so brauchte ich nie allzu lange laufen. Ansonsten herrschen in der Stadt die litvischen Juden mit ihren großen Yeshivot "Ponibezh" oder "Chazon Ish".

Einen Besuch Bnei Braks, kann ich demjenigen empfehlen, der sich mit der haredischen Gesellschaft auskennt und Hebräisch sprich. Wer sich ernsthaft für chassidische Gruppen interessiert, der wird überall fündig.

Aber wie gesagt, im Gegensatz zu Mea Shearim in Jerusalem sind die Bnei Braker keine fremden Besucher gewohnt und sind skeptisch ihnen gegenüber. Von daher braucht man etwas mehr Geduld, was sich jedoch hinterher auszahlen kann.

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