Donnerstag, 27. November 2008

Gegensätze

B"H

Israel ist ganz klar ein Land der absoluten Gegensätze, was mir ab und zu im privaten Bereich nur allzu bewusst wird. Da ich viel über die haredische Gesellschaft schreibe, bewege ich mich natürlich in breitem Maße in dieser Gesellschaft. Ich habe dort viele Freunde und geniesse meine Anwesenheit schon oft. Dann aber kommt wieder der Einbruch und ich muss etwas anderes sehen. Tagelang war ich in Jerusalem und fahre morgen wieder schon zurück, um dort bei Freunden den Schabbat zu verbringen. Außerdem will ich am Sonntag zum Bauamt aufs Rathaus gehen. Erkundigungen über eine Baustelle anstellen. Eine Bekannte meinte vorhin, dass in Israel jeder Bürger das Recht habe, vom Bauamt zu erfahren, wer welches Grundstück besitzt, denn das gelte als öffentliches Interesse. Na, dann …

Dann das Gerenne zum Zentralen Busbahnhof in Jerusalem, vor dessen Türen sich schon die Schlangen gebildete hatten. Der Haupteingang ist donnerstags besonders überlaufen, denn zum Schabbat hin fahren Tausende zu ihren Eltern, Soldaten kehren am Wochenende heim und jeder meint, er müsse den im Winter kurzen Schabbat irgendwie ausnutzen.

Sicherheitskontrollen bis zum geht nicht mehr. Tasche auf, Tasche zu und dann noch alles durchs Infrarotlicht oder was immer das ist. Heute war es besonders schlimm, was wohl am Attentat in Indien liegt. Geschieht irgendwo ein Attentat, dreht in Jerusalem gleich alles mit durch.

Im zweiten Stock, um den Ticketverkauf scharten sich mindestens Hundert Äthiopier. Okay, ich lasse jetzt das rassistische Gesäusel, doch was ist mit den Haare der Äthiopier geschehen. Alles ist frisch gefönt und steht ab. Wie eine Schar Aliens kamen sie daher. Mißliebig wurden die Blicke der Israelis auch gleich wieder, was an eine Schlägerei unterhalb der Äthiopier lag.

Gestern abend schon hatte ich zwei erwischt, wie sie an einem Laden des Jerusalemer Klal Centers eine Scheibe eintraten. Einfach so. Wham. Wahrscheinlich einmal wieder zugekifft.
Als ich dem Wachpersonal Bescheid sagte, tat das mehr als desinteressiert. Dann raffte man sich auf und schickte mir einen Typen mit Maschinengewehr. Einen Äthiopier. Der fragte mich, wie denn die Täter ausgeschaut hätten.
"Äthiopisch halt", gab ich zurück. Wobei ich das etwas abschwächen wollte und ein "Äh, afrikanisch" hinterherschob.

Als ich vorhin schließlich an der Haltestelle an einem der zwei Busse nach Tel Aviv ankam, wartete schon die nächste Katastrophe. Es war gerammelt voll und als Bus Nr. 480 kam, quetschte sich alles hinein. Mit ein paar anderen war ich dann in der "glücklichen" Lage keinen Sitzplatz mehr gefunden zu haben. Eine Stunde im Gang stehen also. Gegenüber vom Fahrer gab es frei Plätze, die da aber mit Übergebenem versehen waren. Ein Fahrgast bot die Plätze einer Mutter mit ihrem Kind an. Wie freundlich und entgegenkommend. Vollgekotzte Sitze, aber sie könne sich ja dann an den Rand setzen. Da sei weniger oder fast nichts. Die Frau lehnte ab und konnte nicht glauben, was man ihr anbat.

Tel Aviv - der Gegensatz zu Jerusalem. Und einmal wieder etwas anderes sehen und aus dem Trott herauszukommen ist schon empfehlenswert. Hoffentlich tritt heute mal keiner eine Tür ein.

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