Sonntag, 14. Dezember 2008

Zu aufgebläht und satt

B"H

Die weltweite Wirtschaftskrise sei an allem schuld.
Auch in Israel kommt es zu immer mehr Entlassungen. Als kleines Beispiel dient da nur die geplante Entlassung von 300 Angestellten der TNUVA - Milchwerke. Bei TNUVA allerdings läßt die Belegschaft verkünden, dass falls auch nur ein einziger Angestellter entlassen wird, ein landesweiter Streik die Folge sein ist.

Das Verteidigungsministerium einigte sich immerhin mit 235 Angestellten auf einen Entlassungsplan samt Abfindung.

Aber auch die Tel Aviver Schicki Micki Szenerie geht den Bach hinunter. Besonders junge Medien - sowie Werbeleute sind betroffen. Presse - u. Werbeagenturen specken ab. Zeitungen werden schon längst fast nur noch im Internet gelesen und die Tageszeitung MAARIV plant 150 Entlassungen im kommenden Jahr 2009. Bei der größeren Konkurrenz von YEDIOT ACHARONOT schaut es nicht viel besser aus. Auch hier sind Budgetkürzungen zu erwarten.
Aber nicht nur die Presse und Werbung feuern Teile der Belegschaft; auch den Finanzsektor (z.B. Bank Discount) sowie die High Tech Branche (ComVerse, Amdocs, VisAir, u.a.) hat es erwischt. Offiziell heißt es stets, dass halt nun einmal die Wirtschaftslage schuld sei und alle leiden. Bei diesen Behauptungen bin ich mir nie sicher, denn wer weiß, ob nicht viele Unternehmen einfach die Lage ausnutzen und Angestellte schmeissen, die sie schon lange loswerden wollten. Man speckt ab und damit niemand dumm daherfragt, wird alles auf die Wirtschaftslage geschoben. Vielleicht aber stimmen ja die Angaben vieler Betriebe sogar.

Tel Aviv ist teuer und viele junge Karrieristen erwischt es nun voll. Nach der Armee fanden sie überaus gutbezahlte Jobs und konnten sich Anfang / Mitte Zwanzig teure Wohnungen samt Einrichtung leisten. Dazu kommen Restaurantbesuche und halt alles was IN ist. Tel Aviv ist eine IN - Stadt und viele wollen mehr gesehen werden als sehen. Und da das Sehen zu kurz kam, erfolgte das bittere Erwachen. Plötzlich standen Yuppies auf der Straße und jetzt tut man sich schwer, die Miete aufzubringen. Ins Restaurant wird schon lange nicht mehr gegangen und nicht wenige davon schliessen in wenigen Wochen oder Monaten.

Ein Umdenken sollte nun erfolgen, aber wer aus der jüngern und soweit hypersatten Szene kann das schon. Seit Monaten laufe ich durch Tel Aviv und höre nicht auf, mich zu wundern, wie Leute um die 25 so teure Mieten zahlen können. Einige meiner Bekannten rätselten, dass halt die Eltern derjenigen so einiges vorstrecken. Aber welche Eltern tun dies schon allmonatlich ? Also vielleicht Erbschaften ? Kann sein, aber demnach müssten Tausende Verwandte auf einmal verstorben sein, denn CHIC liegt im Trend. Dem wird sich speziell derjenige bewusst, der da eben mal durch die IN – Gasse Shenkin Street schlendert. Ins Schaufenster schauen ? Okay, aber gleich ein paar Winterstiefel für einige Hundert bzw. 1200 Schekel (230 Euro) einsacken, wer kann das schon ?
Vielleicht aber gibt einem ja auch das Bummeln mit einer "Shenkin – Plastiktüte in der Hand mehr Selbstbewusstsein. Egal, ob das Konto überzogen ist oder nicht.

Jetzt ist eine Generation gezwungen, aufzuwachen. Ein paar flippige Zeilen für ein trendiges Magazin zu schreiben, bringt es nicht mehr. Nicht, dass gleich alle zu Beginn der Shenkin draußen auf einer Matratze campieren, doch Gedanken macht sich so mancher.

Es ist halt schwer im "IN" Tel Aviv "OUT" zu sein.

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