Donnerstag, 26. Februar 2009

Israelische Arbeitnehmer

zählen, laut aktuellen Untersuchungen, zu den meistgestressten auf der Welt. Viele von uns arbeiten rund um die Uhr, ohne große Pausen, ausreichenden Schlaf, geschweige denn viel Privatleben.
Als ich den entsprechenden Zeitungsartikel las, kam mir unverzüglich mein eigenes Leben in den Sinn. Auch ich bin Teil dieser Statistik. Mein Privatleben bewegt sich nicht parallel, sondern inmitten meines Arbeitslebens und ich habe mich so einrichten müssen, dass alles irgendwie zusammen funktioniert.

Ich unterrichte Judentum und nebenbei arbeite ich zweimal pro Woche in der Nachtschicht in einer Jerusalemer Bäckerei. Letzteres hatte ich schon zweimal aufgegeben, doch liefen meine Nachfolger jedesmal davon und die Bäckerei quengelte solange, bis ich wieder zurückkam. Als ich mit dem Argument kam, dass ich ja nur ca. 4 - 5 Stunden abends arbeite, dann aber meinen Bus nach Tel Aviv verpasse und gezwungen bin, in der Bäckerei zu bleiben, bis der erste Bus im Morgengrauen fährt, liess man sich eine Lösung einfallen. Ich nahm an, das die Sache gelaufen war und man mich in Ruhe liesse, doch schleppte mein dortiger Boss eine Matratze an. Man sei ja flexibel und ich solle nur nicht kündigen bei freier Kost und Logis. Und Internet hätte ich ja auch.

Obwohl die Herumreiserei zwischen Jerualem, Beit Shemesh und Tel Aviv aufregend kligen mag und auch ist, wo bleibt das Privatleben ? Andere wiederum beschweren sich über die anhaltende Arbeitslosigkeit. Sie wären froh, überhaupt einen Job zu haben und reihen sich damit in die Arbeitslosenmasse ein. 189,000 im Vorjahr und dieses Jahr erwartet Israel einen Arbeitslosenanwuchs von weiteren 40,000.

Die Aufmerksamkeit erzielt dieser Tage die "Pri Hagalil" - Fabrik im nordischen Chazor. "Pri Hagalil" stellt, u.a., das bekannte Dosengemüse her und nun plant die Fabrik ihre Tore ganz zu schliessen. Mehr als 100 Leute stehen dann auf der Straße und das ohne Aussicht auf einen neuen Job. Im Norden des Landes ist tote Hose genauso wie im Süden, wo die Textilindustrie (Beispiel: Polgat) ihre Fabriken abbrach und weitere "Ausweichindustrien" nicht in Sicht sind. Wer kann, der pendelt nach Beersheva oder Haifa.

Zu meiner deutschen Zeit, die immerhin schon fast neun Jahre her ist, arbeiteten die meisten deutschen Arbeitsnehmer in einer 38,5 Stunden - Woche. In Israel hingegen werden wöchentlich weit mehr als 40 Stunden abverlangt; bei viel weniger Gehalt, aber wesentlich höheren Lebenshaltungskosten. So manch einer ist nur noch auf der Arbeit und bedarf eigentlich gar keiner Wohnung mehr, die da genau genommen nur als Abstellplatz für die Möbel gilt. Und am arbeitsfreien Schabbat liegt man dann ebenso brach darnieder und schläft sich einmal richtig aus. Dabei vergeht die Zeit so schnell und saust an einem vorbei. Hinterher wird sich die Frage gestellt, wo das Leben bleibt und was man damit für sich persönlich anstellt. Liegt es an der Koordinierung oder ist das Thema Freizeit einfach gänzlich passe ?

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