Mittwoch, 24. Juni 2009

Sexuelle Belästigung oder Kompliment ?

B"H

Wer besonders meine religiösen Blogs verfolgt, dem ist bekannt, dass mir bestimmte Dinge in der jüdisch - orthodoxen Gesellschaft furchtbar gegen den Strich gehen und ich daraus keinen Hehl mache, obwohl ich mir Kritik einfange. Jeder hat das Recht, seine Meinung zu äussern und niemand ist gezwungen, meine Meinung zu teilen.

Heute nun sah ich auf dem israelischen Online - Magazin YNET einen Artikel darüber, was der Knessetabgeordnete Nissim Ze'ev zum Thema "Sexuelle Belästigung der Frau in der israelischen Armee" zu sagen hat. Und seine Meinung steht für so viele, besonders haredische (ultra - orthodox.), Kollegen.



Ze'ev wörtlich:

During a discussion on sexual harassment in the army, MK (Knesset
Member) Zeev said female troops must be instructed so they know "how to behave." Later he said that while some female soldiers would interpret certain acts as sexual harassment, others would view them as a compliment.


Während einer Diskussion zur sexuellen Belästigung in der Armee sagte Ze'ev, dass weiblichen Truppen erklärt werden soll, wie sie sich "zu benehmen" haben. Später sagte er, dass manche weibliche Soldaten diverse Handlungen als sexuelle Belästigung aufnehmen und andere wiederum würden die gleichen Handlungen als Kompliment auffassen.

Die Aussage Ze'evs ist nicht untypisch für einen sephardischen Juden; viele Sepharadim sind eine Machogesellschaft für sich.
Nicht wenige Haredim (Ultra - Orthodoxe), und Nissim Ze'ev gehört der sephardisch - haredischen SHASS - Partei an, betrachten im Falle sexueller Belästigung fast immer die Frau als den Hauptschuldigen. Sie habe sich nicht benommen, laut gelacht, sich anzüglich verhalten und wer weiss was für anstössige Klamotten getragen.
Bei dieser subjektiven Einstellung kommt es meist nicht immer darauf an, ob hier ein aschkenazischer oder ein sephardischer Haredi spricht.

Innerhalb der letzten Jahre häuften sich die sexuellen Belästigungen innerhalb der haredischen Gesellschaft sowie auch in der israelischen Armee. "Häufen" könnte das falsche Wort sein und vielleicht haben sich nur die Zeiten geändert, in denen Frauen sich mehr zutrauen; auch den Gang zur Polizei und Justiz.
Natürlich mag manche Handlung eines Mannes ein Scherz sein und falsch aufgefasst werden; gleichzeitig könnte die Frau einfach nur behaupten, belästigt worden zu sein, um sich an einem Vorgesetzten, etc. zu rächen. Dennoch, solch eine subjektive vorverurteilende Stellungnahme wie die von Ze'ev kann einfach nur als primitiv und weltfremd eingestuft werden.

Frauen haben es eh nicht leicht, sich bei einem haredischen Beit Din (rabbinischem Gericht) zu behaupten. In Israel werden Ehescheidungen vom Beit Din ausgesprochen und ich hörte viele persönliche Berichte von Frauen, die vor dem Beit Din zum Schuldigen erklärt worden sind. Da würden ein paar alternde Rabbiner vor einem sitzen und immer noch "Schalom Bait - eine friedliche Regelung mit dem Partner, auf das die Beziehung doch noch bestehen bleibe" dringen, selbst wenn die Frau daheim vom Gatten halb tot geprügelt wird. Aber nicht immer verhält sich ein Beit Din so abwertend und ich selbst habe, im Falle einer Anklage, schon eine ganz andere, positive, Behandlung erfahren.

Einmal sagte mir eine haredische Frau (ein Newcomer in die Gesellschaft), dass "Frauen, die sich nicht anständig anziehen, es verdient haben, vergewaltigt zu werden".
Diese Stellungnahme wurde mir gegenüber kurz nach Schabbatbeginn kundgetan und ich muss gestehen, dass mir der gesamte Schabbat dadurch ruiniert worden war. Nicht immer sind es nur haredische Männer, die derlei abwertende Meinungen hegen, sondern genauso Frauen. Ich fand das grässlich und in derlei Fällen wird mir bewusst, dass ich mit Personen, die derlei Meinungen vertreten, nicht unbedingt etwas zu tun haben will.

Anklagen wegen sexueller Belästigung sollte gründlich nachgegangen werden und auf den Wahrheitsgehalt geprüft werden, doch schon im Vorfeld die Frau als Schuldige abzustempeln ist einfach nur menschenverachtend.


Links:

YNET - Artikel zu Nissim Ze'ev

Zahlen zur sexuellen Belästigung von Frauen in der israelischen Armee

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In Israel werden auch Frauen ab dem 18. Lebensjahr für zwei Jahre zur Armee eingezogen. In den meisten Fällen dienen sie als Ausbilder, Wachposten, Putzkraft oder Sekretärin und nicht in Kampfeinheiten.

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