Freitag, 25. Dezember 2009

Schabbat Schalom


Links: Der Jerusalemer Stadtteil Nachlaot


B"H

Der Schabbat naht und damit die wohlverdiente Ruhe. In Deutschland passierte mir das kaum, doch in Israel bin ich stets platt und ausgelaugt von der Woche. Und das liegt nicht unbedingt am Alter. Hoffentlich !


Das Leben hierzulande ist lebhafter und intensiver. Angefangen bei der Hektik bis hin zum Emotionalen. Immer ist man irgendwo eingespannt und entkomme ich einem, steht schon der Nächste mit irgendeiner Angelegenheit bereit. Deswegen bin ich gerade am Schabbat froh, die Tür zuziehen zu können.

Frühlingshaftes Wetter soll es geben, was viele Leute sicherlich wieder in den Jerusalemer Sacher Park ziehen wird. Der schönste Park Jerusalem, wo man ungestört sitzen kann und nicht von Palästinenser dumm angequatscht wird wie im Bell Park an der King George oder im Park gegenüber der Altstadt. Zu finden ist der Sacher Park zwischen dem Stadtteil Nachlaot (Betzalel Street) und der Knesset.

Nachmittags fahre ich nach Jerusalem und da ich stets in Nachlaot übernachte, habe ich es nicht weit in den Park. Überhaupt mauserte sich Nachlaot, die Gegend zwischen dem Machane Yehudah Markt und Betzalel Street, zu einer der begehrtesten Wohngegenden Jerusalems. German Colony, Katamon oder der French Hill sind längst out. Nachlaot hingegen sprüht vor jüngeren bzw. Leuten mittleren Alters. Einst Slum der aus Kurdistan eingewanderten Juden - heute dagegen zentral gelegen, noch relativ günstig und voll Leben. Ganz zu schweigen von den alten restaurierten Häusern. Mittlerweile gibt es einen stark besiedelten haredischen (ultra - orthodox) Teil von Nachlaot, in welchem der relig. Film "Ushpizin" gedreht worden ist.

Was ich an Tel Aviv liebe ist, dass alles zentral in der Innenstadt liegt. Die großen Supermärkte wie "Mega", zum Beipiel. In Jerusalem ist die Innenstadt vollgepackt mit anderen Dingen und wer etwas Bestimmtes sucht, der muss in Stadtteile wie Talpiyiot oder Malcha ausweichen. Eine ewige Busfahrt und wer will schon gerne in die Pampa fahren, wenn er das Downtown - Leben liebt wie ich ?

Israelis sind vollkommen unfähig Schlangen zu bilden. Ob das an der Supermarktkasse oder vor dem Security Check am Eingang zum Zentralen Busbahnhof ist. Eine bestehende Schlange wird fast immer von zwei weiteren daneben begleitet. Es gibt immer Deppen, die sich neben eine stellen, anstatt dahinter. Und so kommt es zu geschiebe und nicht selten sogar zu Gekeife.

Hebräische Bücher sind seltsamerweise teurer als englische. Seit neuestestem haben die landesweite Buchhandelskette "Steimatzky" sowie Konkurrent "Zomet HaSefarim - Bücherkreuzung" die Billigpreise entdeckt und kloppen sich um Kundschaft. Wer hebräisch liest, der macht in dieser Zeit Schnäppchen. Die Jerusalemer sind immer noch schlechter dran als die Tel Aviver, denn in TA bietet "Steimatzky" am Dizengoff Center Bücher für 20 Schekel (ca. 4 Euro) pro Buch. Bei der "Zomet HaSefarim" am Jerusalemer Busbahnhof sowie in einigen Läden in der Jaffa Road zahlt der Kunde 40 Schekel (ca. 8 Euro) pro Buch.
Wer nur englisch liest, hat derzeit etwas das Nachsehen.

Meine bevorzugten Bücher auf Hebräisch sind die Geschichte Israels, die Einwanderung der sephardischen Juden in den späten 40iger sowie den 50iger und 60iger Jahren. Hinzu kommen der Yom Kippur Krieg und alles weitere Politische. Bei Romanen kommt es drauf an. Neulich fand ich den Roman "Allenby" von Gadi Taub (lehrt an der Hebrew University in Jerusalem). Wenn ich erzähle, dass ich gerade "Allenby" lese, fragen fast alle:
"Ah, der britische General oder so ?"
"Nee, Allenby die Straße in Tel Aviv".

Die Tel Aviver Allenby ist eine bekannte Straße in Strandnähe. Früher zusammen mit ihrer Anschlußstraße Ben Yehudah von deutschen Einwanderern bewohnt, heute fast nur noch Schatten ihrer selbst. Geschäfte, Kneipen und Clubs, die sich, wenn man genauer hinschaut, als Peep Shows entpuppen. "Gogo Girl Striptease" oder "Barracuda", so heißen einige der "Hinterhofshows" zusammen mit dem Sexshop gleich nebendran. Und genau von dieser Szenerie berichtet das Buch "Allenby". Gadi Taub hat allem Anschein nach sämtliche Gogo Girls kennen gelernt und die "Landschaft" erkundet. Seinen Phantasien lässt er in seinem Buch freien Lauf und das ganze wird offiziell als brilliante israelische Literatur verkauft. Vielleicht ist es das ja auch, wenn man an intimen Gesprächen israelischer Bordellbesitzer interessiert ist.
Hierzu jedoch lautet es auf dem Klappentext: Der Autor präsentiert ein wahres Bild der israelischen Gesellschaft und dem Verhalten der Frau gegenüber.
Wie sieht die Männergesellschaft eine Frau (Halt die Schauze). Sephardische Juden sind da weniger zimperlich als so mancher Aschkenaze. Eines der Lieblingswörter einer Männerbeschreibung ist das ursprünglich aus dem Arabischen kommende Wort "Scharmuta". Um es gelinde auszudrücken: Übersetzt heißt das "Prostituierte". Und das kommt jetzt nicht aus "Allenby", sondern aus dem Alltag. Man ziehe einmal aus, um die israelische Gesellschaft kennen zulernen und wer das tut, der erlebt etwas.

Aber derlei Schimpfwörter haben nichts mit "Schabbat Schalom" zu tun und ich bin abgeschweift.
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Nochmal kurz nachgeschweift: "Scharmuta" wird nur für Frauen verwendet. Frauen hingegen erwidern das Schimpfwort mit einem zynischen "Ben Sona" (…..sohn).

Zurück zum spirituellen Part:
Also ich fahre nach Jerusalem zum Schabbat. Ein Entkommen vor den Schimpfwörtern wird es jedoch nicht geben.:-)

"Schabbat Schalom" an alle Leser !

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