Sonntag, 21. März 2010

Abwanderung von Jerusalem nach Tel Aviv

B"H


Innerhalb der vergangenen zwanzig Jahre verliessen 300,000 Jerusalemer ihre Stadt, um sich andernorts niederzulassen. Die Mehrzahl von ihnen in Tel Aviv. Siebzig Prozent dieser "Flüchtlinge" würde sofort nach Jerusalem zurückkehren, wenn …


Ja, wenn die Lebensqualität nicht gen Minus liefe.

Bürgermeister Nir Barkat hatte große Pläne Jerusalem auf Weltniveau zu trimmen, doch momentan hat er andere Probleme. Der Häuserbau in Ramat Shlomo (samt Zoff mit Barak Hussein Obama), das Haus Yehonatan (Beit Yehonatan) in Silwan sowie die Krawalle der Palästinenser, die mit einer Dritten Intifada drohen, aber irgendwie doch alles nicht so ernst meinen.


Laut dem Jerusalemer Lokalblatt "Yediot Yerushalaim" beherbergt die Hebrew University of Jerusalem derzeit 40,000 Studenten. Viele von auswärts und gerade sie lassen sich teilweise äußerst nagativ über die Stadt aus. Es fehle an bezahlbaren Wohnungen.
Die WOHNUNGEN seien es, die ein Leben in Jerusalem fast unmöglich machen. Die Mieten stiegen innerhalb der letzten zwei drei Jahre ins Unerschwingliche. Wurde sich in der Vergangenheit gerne über Tel Aviv beschwert, so sollte jetzt lieber vor die eigene Türe gekehrt werden.

Im Gegensatz zu Jerusalem bietet Tel Aviv ein reichhaltiges kulturelles Angebot. Nebenbei ist die Stadt größtenteils sauber und gepflegt. In Jerusalem hingegen verlangt ein Vermieter für eine kleine Klitsche in der Agrippas Street eine Wuchermiete und dem Mieter wird nebendran der Müllgestank vom Machane Yehudah Markt Abfallcontainer gleich mitserviert. Aber die Wohnungsnot scheint alles möglich und legal zu machen. Gebaut wird, ja, aber größtenteils Luxusbauten für die reichen Juden aus Frankreich oder den Staaten. Als Investment und ohne Nutzen für Jerusalem. Der kleine Mann bleibt auf der Straße, Hauptsache betuchte amerikanische Touristen haben ihre Feiertagsresidenz mit Pool und eigenem Shopping Center innerhalb der Wohnsanlage.


86 % der Studenten Jerusalems beschweren sich über zu hohe Mieten in der Stadt. 42 % der säkuleren Studenten ziehen Tel Aviv vor und 68,7 % sehen keine Jobaussichten nach Beendigung des Studiums.


Ein zweites ernsthaftes Problem der Stadt. Zu wenig Jobs und wenn, dann schlechter bezahlt als in Tel Aviv, Netanya, Herzliya oder Haifa.


Wer einen guten Job sucht, der ziehe fort aus Jerusalem - so das Motto.




Jerusalem, Agrippas Street

Photo: AACI


Kulturell bietet die Stadt zwar einige Theater, Kinos, Museen und Cafes. Was aber nützt das, wenn es an Parkplätzen fehlt ? Vor wenigen Wochen wurde der große Parkplatz am Machane Yehudah Markt (Ecke Jaffa Road) geschlossen. Zwei Türme mit Luxuswohnungen werden dort gebaut und die Markthändler sind sauer. Die Betuchten lassen sich auf dem Markt nicht blicken, sondern bekommen alles vom Supermarkt bis an die Haustüre geliefert und die reguläre Kundschaft bleibe wegen fehlender Parkplätze aus.


In dieser Woche holt sich Jerusalem ein Stück Tel Aviv in die Stadt. Am Donnerstag, dem 25. März 2010 tritt um 16.00 Uhr eine Gruppe Künstler (Sänger, Clowns, Maler, usw.) in der Agrippas 88 auf. Ein wenig Flair soll auch in die Provinz wehen, aber traurig ist es, dass Jerusalem sich da der Tel Aviver bedient und nichts Eigenes auf die Beine stellt. Die angekündigten Künstler treten allwöchentlich zweimal in Tel Aviv auf. Dienstags und freitags - das ganze Jahr über. Dann schlendern die Menschen im Stadtteil Nachalat Binyamin über den Kunstmarkt mit selbstgebastelten Werken und schauen allen anderen Attraktionen zu. Warum steigt so etwas nicht auf regulärer Basis in Jerusalem ?


Die Tageszeitung "Israel Hayom" veröffentlichte am letzten Freitag eine verheerende Statistik. Im Jahre 1997 setzte sich Jerusalem aus 26% Arabern und 74% Juden zusammen. Im Jahre 2010 sind es schon 35% Araber und nur noch 65% Juden. Wenn sich die Zahlen wie in den letzten Jahren weiter so entwickeln, dann leben im Jahre 2030 sogar 50% Araber und 50% Juden in der Stadt.



Jerusalem und der Abfall

Photo: Against My Better Judgment


Bisher bietet Jerusalem seinen Bürgern zu wenig und kaum jemand ist mehr bereit die Wuchermieten für ein dunkles Loch zu zahlen. Jobs gibt es nur spärlich und wenn, bekommt eine Büroangestellte zwischen 3500 - 4500 Schekel (ca. 700 - 800 Euro) Montasgehalt wo hingegen sie in Tel Aviv 6000 Schekel (ca. 1200 Euro) verdienen könnte.


Auf diese Art und Weise wird Jerusalem seine Abwanderer nicht zurückholen. Schon gar nicht die aus dem grünen und bürgerfreundlichen Beit Shemesh.


Natürlich hat die Stadt auch ihre Vorteile. Manchmal tut das provinziell Kleinkarierte richtig gut. In Tel Aviv haben sich besonders die Leute in den Zwanzigern zu bitschigen (bitchy) Hexen und Karrieristen entwickelt. Hier zählt das Recht des Aufsteigers, doch genauso besteht in Tel Aviv eine große Alternativszene mit Intellektuellen, die nicht gerade auf der "Ich will Sderot Chen, Rothschild oder am extravaganten Kikar HaMedina leben" Schiene fahren. Nobel und Luxus muss nicht sein und das Leben soll Spass machen und lebenswert bleiben.




Tel Aviv, Sderot Chen (Chen Boulevard)

Photo: Google Images


Ich bin gerne in beiden Städten, doch bekommt mit gesundheitlich das Klima in Tel Aviv wesentlich besser als die im Winter klirrende Kälte Jerusalems. Die Heilige Stadt hat das Nachsehen (nach Tel Aviv) ganz sicher nicht verdient, doch eine verfehlte Stadtplanung und falsche Bürgermeister wie einst Ehud Olmert haben die Stadt ruiniert. Statt auf die Bedürfnisse der Bewohner zu schauen wurde internationale Politik gemacht. Terroranschlägen den Kampf angesagt, aber dabei vergessen, die Stadt von ihrem Abfall zu befreien, Grünflächen zu schaffen und die Kreativität herauszufahren. Und genau das ist es, was Jerusalem am meisten von Tel Aviv unterscheidet: die fehlende Kreativität. Solange dies der Fall ist, werden Künstler aus Nachalat Binyamin herangekarrt.

1 Kommentar:

  1. und du bist sowas von scheiße klug....
    "Die Tageszeitung "Israel Hayom" veröffentlichte am letzten Freitag eine verheerende Statistik(..)" und sowas von neutral.
    Dumm ist man nicht geboren, sondern wird man.

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