Dienstag, 16. März 2010

Zwei Wochen vor Pessach

B"H

In zwei Wochen beginnt Pessach und in Jerusalem kommt der wirtschaftliche Aspekt des Feiertages allmählich so richtig in Schwung. Mazzot liegen in sämtliche Ausführungen in den Geschäften aus. Da ich an Pessach besondere Mazzot (Mazza Schmurah) esse (Mazzot die das Jahr über regelmässig kontrolliert worden sind, damit sie auch ja nicht mit dem an Pessach verbotenen CHAMETZ (Getreidesorten) in Verbindung kommen), muss ich tiefer ins Portemonnaie greifen als andere, die reguläre Mazzot verspeisen.
Wer aber dennoch kostengüstige super koschere Mazzot sucht, der gehe in haredische (ultra - orthodoxe) Supermärkte oder ggf. auf dem Machane Yehudah Markt (Jerusalem) einkaufen. Überall im Land, und so auch in Jerusalem, heißt es "gewusst wo und was einkaufen". Drauflosrennen sollte vermieden werden, denn wer sich nicht auskennt, wird beim Preis übers Ohr gehauen. Selbst dann, wenn die Ware ausgezeichnet ist.

In den vergangenen Tage schwitzten wir bei dreissig Grad Hitze, gestern nachmittag kam dann die große Abkühlung. Ein Sturm kam auf und der Müll des Machane Yehudah flatterte bis zu unsere Bäckerei. Dort herrscht, nach wie vor Andrang, denn die Leute wollen noch einmal so richtig Kuchen und Brot geniessen, bevor an Pessach die Mazzot eintrudeln. Nicht, dass es an Pessach keinen Kuchen gibt; zum Feiertag werden wir wahrscheinlich wieder mit dem trockenen Mazzemehlkuchen oder Kuchen / Kekse hergestellt aus Kartoffelmehl, verwöhnt. Ein jüdischer Israelbesucher sollte hier ganz besonders auf der Hut sein, denn die Mehrheit der Pessach - Koscheren Kekse (und auch Kuchen) beinhaltet "Kidniyot" (gewisse Hülsenfrüchte oder darauf hergestellte Zutaten, die aschkenazische Juden an Pessach nicht essen, sephardische Juden aber schon). Wie ich Pessach "liebe". Als Aschkenaze ist man oft aufgeschmissen und fast alles beinhaltet die Kidniyot; von der Wurst bis zum Humus (Kichererbsenbrei). Dann bleiben lediglich Kartoffeln, Eier und Fleisch.

"Und wo bist Du bei der Seder ?" - so lautet die populärste Frage in diesen Tagen. Ehrlich gesagt, ich habe mich noch nicht entschieden und schwanke zwischen zwei Einladungen aus zwei verschiedenen Gruppen hin und her.

Bis zum letzten Chametz - Atemzug wird unsere Bäckerei offen bleiben, denn unser Boss will Einnahmen sehen. Die Woche an Pessach, in welcher die Bäckerei geschlossen ist, macht in jedes Jahr neu fertig. Eine leere Kasse bringt ihn fast um. Dabei ist die Pessachwoche die einzige Woche im Jahr, an der wir Urlaub haben und der Laden zu ist. Noch kurz vor Pessachende müssen einige von uns schon wieder rein und aufräumen, denn eine Stunde nach dem offiziellen Feiertagsende geht in der Nachschicht der Backprozess wieder los. Und das auf vollen Touren und mit dem Boss im Rücken.

Fast eine Woche ausspannen und den Betrieb nicht sehen… Ich kann es gar nicht mehr erwarten. Endlich einmal daheim sein und auch noch ein paar Ausflüge unternehmen, ohne auf die Uhr schauen zu müssen. Eine Woche nach Pessach ist israelischer Holocausttag "Yom HaShoah" und kurz darauf Unabhängigkeitstag ("Yom Ha'azma'ut"). Letzteres werde ich in diesem Jahr wieder in Tel Aviv verbringen, denn in Jerusalem herrscht am Unabhängigkeitstag absolut tote Hose. Bis dahin aber müssen wir noch schuften und die neu entwickelten Kuchen vertreiben. Sahne in Blätterteig, was die Kalorien wieder so richtig aufleben lässt.

Ständig nehme ich mir vor, meine Arbeitsstunden zu kürzen und nie klappt es. Einen Monat lang beschäftigte die Bäckerei einen den Touristen O., der hier auf einer Yeshiva an einem Konversionskurs zum Judentum teilnimmt. Unser Boss aber konnte ihn nicht halten, denn O. bekam keine Arbeitserlaubnis und war "noch" kein israelischer Staatsbürger. Derlei Leute einzustellen, beinhaltet einen riesen Bürokratiewust und die Sozialversicherungen spielen nie richtig mit. Geschweige denn die Krankenkassen und es gibt ein chaotisches Hin und Her. Wer will sich das als Unternehmer antun ?
Die Folge war, dass O. ging und ein Kollege und ich uns dessen Job nun teilen.

Einmal pro Woche unterrichte ich eine Kindergruppe und anscheinend liest die Mutter meinen englischen Blog. Seitdem sie das tut, hat sich ihr Verhalten mit gegenüber erheblich verändert. Jahrelang redeten wir viel und hatten ein herzliches Verhältnis; jetzt aber herrscht das Schweigen im Walde. Ich vermute einige Gründe von hin "haredische und keine nationalrelig. Themen" bis hin zu "sie hatte erwartet, dass keiner mein Geschreibsel liest". Sie tut es offenbar und ihre Kollegen auch. Wo ich jedoch ihren Wandel einordnen soll, habe ich immer noch nicht festlegen können. In der Bäckerei dagegen ist das wesentlich anders.
Das kommt vielleicht davon, wenn man bloggt …:-)

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