Dienstag, 8. März 2011

Yerushalaim Le'lo Hafsakah - Jerusalem ohne Pause


Jerusalems Shopping Mall BEN YEHUDAH STREET by Night.

Photo: Miriam Woelke

B”H

Eine israelische Tageszeitung verkündete gestern die Nachricht, Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat wolle die Stadt innerhalb der kommenden fünf Jahre resolut umkrempeln. Schluss solle sein mit dem “verschlafenen” Jerusalem und stattdessen solle die Stadt ein zweites “Tel Aviv” werden.

Tel Aviv pflegt den Ruf “Ir le’lo Hafsakah – Stadt ohne Pause”. Bedeutet, dass immer etwas geöffnet hat, wie viele Lebensmittelläden, die durchgehend 24 Stunden lang offen sind. Stets sei etwas los und ein Event geboten. Die Tel Aviver sind in der Lage, zwischen unzähligen Events zu wählen. Und das täglich. Jerusalem dagegen liegt um 22.00 Uhr im Bett.


 "YERUSHALAIM LE'LO HAFSAKAH"

 Photo: Miriam Woelke

Das mag alles, mehr oder weniger, richtig sein, doch darf niemand den Fehler begehen, beide Städte über einen Kamm zu scheren, denn sie sind so unterschiedlich wie Feuer und Wasser. Jerusalem hat sein Flair und so hat Tel Aviv seines. Und nebenbei bemerkt, nicht jeder Tel Aviver rennt ununterbrochen von Event zu Event und sucht Action. Wir arbeiten mehr als die Jerusalemer, denn das Leben in der Stadt am Mittelmeer ist unglaublich teuer. Das Ergebnis ist, dass war abends platt und müde sind. Und wer hat schon das Geld, um ständig wegzugehen ?

Ich bin abends auch froh, daheim zu sein und einfach nur mit Freunden zu reden, ein Buch zu lessen oder einen Film anzuschauen. Wozu ins Kino im Dizengoff Center rennen, ca. 40 Schekel (8 Euro) ausgeben, wenn daheim der Kabelanschluss wartet ? Bei 160 Programmen quale ich mich abends kaum mehr ins Kino ? Heute auf dem Carmel markt verkaufte ein Typ illegal DVDs der allerneusten Filme. Das Risiko aber war mir zu groß, denn wer weiss, ob hinterher tatsächlich der Film zu sehen ist.

Jerusalem ist gemächlicher und das inoffizielle Motto lautet “Le’at Le’at – langsam, langsam”. Wo der Tel Aviver rennt und stress, setzt sich der Jerusalem erst einmal zum Kaffee hin. Stressen kann man später immer noch.

Vor ca. einem Jahr hatte Bürgermeister Barkat den überflüssigen Einfall, nahe dem Jerusalemer Binyane’i HaUma ein Kinocenter zu bauen. Das aber gab Stress mit den Haredim (ultra – orthodoxe Juden), denn der Kinokomplex sollte auch am Schabbat geöffnet haben. Nicht nur das: Jerusalem hat mehrere Kinocentern und ein weiteres wäre eh unnötig und erst gar nicht ausgelastet. Das Resultat: Der Plan wurde verworfen.

Jetzt soll mehr Action her und die Zeitung fragte, ob Jerusalem actionmässig Tel Aviv bald den Rang abläuft. Da kann ich nur sagen: Ha Ha Ha ! 
Tel Aviv bleibt Tel Aviv und was hier erlaubt ist, wagt in Jerusalem kaum jemand. Die Frage ist, ob die Jerusalemer weitläufig mitmachen, wenn da Open Air Konzerte am Theater laufen. Würde ich noch in Jerusalem wohnen, wären mit Theater oder das Holyland Hotel in Ramat Sharett viel zu weit weg. Bus nehmen und dann ewig herumgondeln ? Nee. 

Dass, was Barkat mit Jerusalem vorhat, verändert zu sehr den Charakter der Stadt. Wenn ich das heutige Jerusalem mit dem vor 14 Jahren vergleiche, würde ich am liebsten eine Zeitmaschine nehmen und in die Vergangenheit der Stadt düsen. Das heutige Jerusalem sagt mir gar nichts mehr und vieles vom alten Charakter ist schon lange futsch.

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