Mittwoch, 23. Mai 2012

Zfat (Safed)

B”H 

Saubere Luft, Natur und Vogelgezwitscher. In Tel Aviv lebend hatte ich gar nicht mehr daran gedacht, dass es Vögel gibt, denn das einzige, was ich vernahm war Straßenlärm und laute Musik. Deswegen sind ein paar Tage Urlaub in Zfat gar nicht einmal so schlecht, obwohl die Stadt allgemein den Ruf hegt, Hippies und Freaks aufzunehmen. All jene durchgeknallten neureligiösen Breslover, Carlebacher und Lubawitscher Chassidim. Wobei die Breslover Sparte der Na Nach Nachman – Chassidim eh in dem Ruft steht, sich vollzukiffen. Dagegen ist Chabad noch super normal. Aber es gibt auch ernsthafte Breslover Chassidim in der Stadt. 

Religion spielt in der Kleinstadt Zfat eine große Rolle, obwohl es gleichzeitig recht viele säkulere Juden gibt. Israelis. Einen hohen Anteil an den relig. Gruppen stellen Neueinwanderer aus den USA. Aber nicht nur Amerikaner, sondern immer mehr israelische Chassidim lassen sich in Zfat nieder. Der niedrigen Mieten wegen und Zfat war halt eine wichtige Stadt der Kabbalah des Mittelalters.

Bis heute spürt man in der Altstadt den Hauch der einstigen großen jüdischen Kabbalisten. Viele amerikanische Leser fragen mich immer wieder nach Zfat aus. Nicht alles ist so romantisch geprägt wie es auf den ersten Blick aussehen mag, denn die Stadt leidet an einer immens hohen Arbeitslosenquote. Keine Jobs und wer einen findet, der kommt meist nicht über das gesetzliche Mindesteinkommen hinaus. Was also nützen relativ niedrige Mieten, wenn man sie aufgrund des fehlenden Einkommens hinterher doch nicht aufbringen kann ? 


In der Altstadt

 
Zfat liegt eingebettet in den Bergen Galiläas. Circa 30 km oberhalb von Tiberias am See Genezareth. Oft wissen die Touristen gar nicht, dass sich hier oben auf dem Berg ein solche Romantik befindet. Die israelische Toskana. Zfat ist auch Künstlerstadt mit einem riesigen Künstlerviertel in der Altstadt. Galerie reiht sich an Galerie und alle warten auf Besucher, die Geld bringen. 

Kein Zweifel, die Stadt ist arm und bis vor wenigen Jahren zog es viele einkommensschwache Israelis in die Stadt. Hier konnte man noch Miete zahlen, was an vielen anderen Orten gar nicht mehr möglich war. In Zfat ist eine Bleibe erschwinglich, obwohl die ansteigende Zahl amerikanischer Neueinwanderer allmählich die Preise kaputtmachen. Israelische Hausbesitzer werden immer gieriger und auch vor Zfat macht der Trend nicht halt. Besonders nicht jetzt, wo die Nachfrage nach Immobilien besonders hoch liegt. 


 Kaufangebote bei einem Makler: Eine 4 - Zimmer - Wohnung in der Altstadt kostet mittlerweile 1 Mio Schekel (ca. 200,000 Euro).

Die israelischen Bewohner sehen die Veränderungen mit Sorge, denn wer kann schon preislich mit den Amerikanern mithalten, wenn viele ihr Einkommen vom Arbeitsamt beziehen ? Ich bin gerne in der Stadt, doch immer nur für eine gewisse Zeit. Kleine Orte sind nichts für mich und in Zfat wird das öffentliche Leben meist abends gegen 18.00 Uhr zusammen mit den Gehsteigen hochgeklappt. Dann ist man daheim und fertig. Kein Kino, kein Pub, kein nichts. Wer abendliche Action sucht, muss ein paar Kilometer weiter nach Rosh Pina. 

Was man als Besucher in Zfat macht ? Sich die Landschaft sowie die Altstadt ansehen. 


Mehrere Male wurde die Stadt in den letzten Jahrhunderten von Erdbeben zerstört und auch heute kommt es immer wieder zu Erdstössen. Die Bewohner erwartet in der Zukunft ein heftiges Erdbeben. So sagen es Wissenschaftler voraus. Die Stadt gibt unterdessen "Erdbeben – Unterricht". Wie verhält man sich im Ernstfall. 

An jedem Mittwoch kommt in der Stadt richtige Action auf, denn dann ist Markttag. In größeren Städten sind Märkte eine feste alltägliche Einrichtung, nicht so in Zfat. Mittwochs kommen die Händler aus der Umgebung und bieten ihre Waren feil. Darunter viele Drusen aus den Bergdörfern auf dem Golan. So viel billiger als im Supermarkt ist der Markt allerdings nicht. Obst, Gemüse, Schmuckkitsch oder Süßigkeiten kiloweise. Daneben machen die Drusen mit ihren Klamottenständen recht gutes Geld. 


 Heute auf dem Markt in Zfat


Wer Zfat besucht, den erwartet Jerusalemer Klima. Im Sommer angenehm kühl, denn die Stadt ist die höchst gelegene des Landes. Im Winter hingegen ist es kälter als in Jerusalem. Bitterkalt und ohne Heizung nicht zu ertragen. 

Copyright / Photos: Miriam Woelke

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