Montag, 16. August 2010

Alternativen

B"H

Täglich tun sich in Israel neue Alternativen auf, was sicherlich damit zusammenhängt, dass viele im Leben weiterkommen wollen. Nicht nur beruflich, sondern auch bezogen auf die innere Zufriedenheit. Ich kann alles Geld der Welt verdienen, aber wenn mir innerlich oder emotional etwas fehlt, dann hilft mir der beste Job nicht weiter.

Momentan geht es mir so in der Bäckerei und ich habe mich entschlossen, wieder mehr Judentum bzw. Chassidut zu unterrichten. In Israel Unterricht zu geben, ist ganz gewiss kein Zuckerschlecken, wobei ich es noch gut habe, denn entweder sitzen Erwachsene oder fast Erwachsene vor mir und keine Randalekinder.
Jedes Jahr wird neu bestimmt, wer als Lehrer oder Referent im Job bleibt und wer nicht. Vorwiegend hängt diese Entscheidung an zwei Faktoren: 1. Am jeweilige Budget der jeweiligen Einrichtung.
2. Daran, wie einen die Kollegen und Schüler aufnehmen.
In Israel keift nicht selten eine hysterische Mutter den Klassenlehrer am Telefon an.

Angebote für die Zeit kurz nach den hohen Feiertagen im September gibt es, nur ist all das nicht mehr mit der Bäckerei zu vereinbaren und ich muss mich entscheiden. Heute morgen hatte ich, wieder einmal, eine Unterredung mit unserem Manager. Wobei dieser kein richtiger Manager ist, sondern herumwuselt, aber die Freundin des Besitzers am eigentlichen Ruder hockt.

"Ob ich nicht noch mehr Stunden anhängen kann ? Mindestens 7 - 8 pro Tag oder Nacht".

Dabei arbeite ich schon die halbe Nacht durch und von ausreichendem Schlaf ist oftmals keine Rede. Als ich sagte, ich werde eventuell nach den hohen Feiertagen ganz aufgeben, wurde das gar nicht erst zur Kenntnis genommen, sondern stattdessen nachgefragt, ob ich am Mozzaei Schabbat (Samstag abend nach Schabbat) arbeiten komme. Da ich das selber noch nicht weiss, denn ich fahre eventuell wieder in den Norden, kam das Gejammer auf.

"Vielleicht sollten alle einmal mithelfen", regte ich zum 100,000sten Male an und handelte mir damit giftige Blicke einer Ladentuss ein, die gelauscht hatte. Das Wort "Arbeit" unten im Laden zu erwähnen, führt zu Katastrophen. Man will lieber auf dem Tisch sitzen und reden, wenn keine Kundschaft da ist.

Ein junger Kollege begann vor ca. einem halben Jahr im Laden zu jobben. 
"Eigentlich sei er ja Künstler", so kriegte ich es jedenfalls letzte Woche von ihm zu hören.

Künstler (der Malkunst) zieht einige Blicke der Mitverkäuferinnen auf sich und zwei Hennen streiten sich da um ihre Beute. Das Problem ist, dass die eine Henne schon fast vierzig ist und damit mindestens 15 Jahre mehr als der Künstler auf dem Buckel hat. Zuerst machte das nichts aus, denn es gibt ja Männer, die auf "ältere" Frauen stehen. Dann jedoch trat eine jüngere Henne in die Firma ein und betätigt sich vorwiegend mit dem Belauschen anderer oder mit dem Künstler, der da auf sie ansprang. Natürlich nahm das die ältere Henne nicht so einfach hin und beschäftigt sich nun weitgehend mit dem "sich jung machen". Kichern, fetzigere Kleidung, eben einfach jung wirken, auch wenn die Falten der ersten vierzig Lenze das Gesicht durchwandern.

Was mich immer wieder wundert ist, dass niemand versucht, aus der Tretmühle zu flüchten. Es ist klar, das jeder Geld braucht, doch jahrelang für einen Hungerlohn im Laden zu jobben ist auch nicht das Wahre. Das Resultat ist, dass ich mit immer weniger Leuten im Betrieb etwas zu tun habe, denn viel haben wir uns nicht zu sagen.

Nun stehen erst einmal die Feiertage an und ich werde mich, so gut es eben geht, abseilen. Vermissen tue ich den Betrieb eh nicht.

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