Sonntag, 17. Juni 2012

Zum Tod eines Freundes

B"H 

Es ist immer eine heikele Angelegenheit, am Schabbat traurige Geschehnisse zur Sprache zu bringen. Im Judentum wird der Schabbat als ein freudiger Tag betrachtet, an dem sämtliche weltlichen Dinge (Geldsorgen, Geld und Business überhaupt, Vertragsabschlüsse, Arbeit, etc.) ad acta gelegt werden sollten. Nicht vergessen, sondern man beschäftigt sich an den Stunden des Schabbat nicht damit, um eben den Schabbat geniessen zu können. Nach Schabbatende kann sich jeder immer noch genug sorgen bzw. in den Alltag zurückkehren. 

Gestern war ich bei einem Schabbatessen, während dessen Verlauf dennoch ein Todesfall zur Sprache kam. Schon allein aus dem Grund, weil heute abend die Beerdigung stattfindet. Ein Bekannter von mir verstarb in der letzten Woche. Urplötzlich und im Alter von 38 Jahren. Ein gebürtiger amerikanischer Jude, nach Israel eingewandert und er studierte Gesang und Theaterwissenschaften an der Hebrew University in Jerusalem. Er erlangte seinen Abschluss und unterrichtete seit kurzem autistische Kinder anhand von Musiktherapien. 

In der vergangenen Woche wurde er tot in seinem Apartment aufgefunden, wo er offenbar bereits mehrere Tage unentdeckt gelegen hatte. Derjenige, der den Tod meines Bekannten gestern zur Sprache brachte, wusste nicht genau, ob Herzversagen oder Diabetes die Todesursache war. Nach all der Erschütterung über den Tod von Moshe begann jeder der Anwesenden, sich so seine eigenen Gedanken zu machen. Jeder Mensch denkt doch im Grunde an seine eigenen Sorgen, an sein Leben und macht Pläne. Dabei zieht keiner von uns in Betracht, morgen vielleicht gar nicht mehr am Leben zu sein. Geld, Job, Karriere, tolle Wohnung, neues Auto, tollen Urlaub … dies scheinen die Lebensinhalte der meisten Leute zu sein, doch niemand will sich so recht mit dem Gedanken beschäftigen, einmal nicht mehr da zu sein. 

Plötzlich ging uns dies alles durch den Kopf, denn wer hätte gedacht, dass der 38 – jährige sportliche Moshe einfach so stirbt ? In der heutigen Zeit leben viele Menschen allein in ihren Wohnungen und vielleicht sollten wir Freunde und Bekannte einfach des Öfteren anrufen und nach dem Wohlbefinden fragen. Natürlich kann jeder sterben und ewig anrufen und sich erkundigen nützt im Endeffekt auch nichts. Andererseits bewirkt ein Anfruf bei vielen Menschen ein Gefühl der Freude, dass da jemand da ist, der mit einem sprechen will. Manchmal kann ein einziger Anruf eine ganze Welt verändern.

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